Bild: Einar Pallsveen
Vor fast 200 Jahren hat Franz Schubert die Gedichtsammlung „Die schöne Müllerin“ von Wilhelm Müller vertont. Dieser Liederzyklus zählt bis heute zu den schönsten der europäischen Kunstmusik. Die Musik ist zeitlos, den Text hat Daniel Oberegger in Anlehnung an das Original frech und dem Zeitgeist folgend aktualisiert. Ist die schöne Müllerin bei Schubert die begehrte Tochter des Müllers, so ist sie nun stolze Herrscherin über den Müll. Die „schöne MÜLL-erin“ wird auch hier besungen, aber diesmal geht nicht nur der naive Müllersbursche, sondern die ganze postfaktische Menschheit an ihr zu Grunde.
Allen landwirtschaftlichen und geistigen Monokulturen zum Trotz schichtet die Müllerin jegliche erdenkliche Art von Müll kreuz und quer zu einem gigantischen Müllberg auf: So mischt sich Alltagsmüll aus Erdölderivaten und genmanipulierter Biomasse giftig bunt mit sperrigem Sperrmüll und besonderem Sondermüll. Einiges reagiert miteinander, anderes korrodiert oder emulsioniert. Kein Chemiker kann genau benennen, was das Bächlein alles enthält, das da unter dem Müllberg herausrinnt.
Die zunehmende Vermüllung wird zum Triumph für die Protagonistin, doch wohin wird das alles führen?
„Gute Nacht, gute Nacht! So schlafe sacht,
schlaf‘ aus deine Freude, schlaf‘ aus dein Leid!
Der Müllberg stinkt, der Mensch versinkt.
Bis zum Weltuntergang ist es nicht mehr so weit.“