Trichordale Oper in hundert Sätzen ohne Singstimme
für Toy- Piano und / oder andere Tasteninstrumente
Die Regeln:
Die hundert Sätze erzählen die Geschichte vom großen grauen Hund.
Jeder Satz ist zugleich Titel eines Musikstücks.
Jedes Stück hat auf zwei Seiten Platz – man muss nie blättern.
Die Ziffern über den Noten kümmern den Aufführenden der Oper nicht. Es handelt sich um eine trichordale Analyse der Musik, die der Komponist stehen lässt, um sich selbst in seinen oft trichordal sehr eigensinnigen Stücken zurecht zu finden: dabei bezeichnet 1 die Note C, 2 die Note C# usw., a die Note A, b die Note B und c die Note H. Es werden alle möglichen symmetrischen Trichorde verwendet.
Am Klavier werden manche Stücke eine oder zwei Oktaven höher oder tiefer gespielt, wie zu Beginn jedes Stücks angegeben. Die 8va alta bzw. 8va bassa- Bezeichnungen im Stück kommen beim Klavier zur jeweiligen Lage hinzu, verstehen sich also relativ zur gewählten Gesamthöhe, während sie am Toy- Piano ignoriert werden.
Fünfzig der Stücke sind für ein Toy- Piano mit 30 Tasten bzw. mit 2 ½ Oktaven von C bis F komponiert, die anderen fünfzig für ein Toy- Piano mit 37 Tasten bzw. 3 Oktaven von F bis F. Zu Beginn jedes Stücks ist angegeben, welcher Gattung es jeweils angehört.
Aufführungspraxis:
a) Mit Sprechstimme:
Je nach gewünschter Länge der Oper werden einige Stücke ausgewählt. Es ist auch möglich, null oder alle Stücke auszuwählen. Die Titel der ausgewählten Stücke werden jeweils vor dem Spielen des Stücks vorgelesen. Man kann auch Titel von Stücken vorlesen, ohne diese zu spielen. Wer will, kann alle hundert Überschriften lesen und nur nach den betreffenden Sätzen die ausgewählten Stücke spielen.
b) Ohne Sprechstimme:
Je nach gewünschter Länge der Oper werden einige Stücke ausgewählt. Es ist auch möglich, null oder alle Stücke auszuwählen. Die Titel der ausgewählten Stücke werden vor dem Spielen des Stücks nicht vorgelesen. Stattdessen denkt der Musiker beim Spielen intensiv an den großen grauen Hund. Demnach ist die kürzest mögliche Aufführung die, dass der Pianist kein Stück spielt, nichts vorliest, sondern nur kurz, aber intensiv an den großen grauen Hund denkt.
Die hundert Titel lauten:
1) Ich sitze zu Hause und spiele mir ein Lied vor
2) Ich könnte auch ein anderes Lied spielen, aber ich spiele dieses hier
3) Klara kommt herein und will aufräumen
4) Uwe will Fernsehen
5) Eva kommt mit dem Staubsauger
6) Ich höre kaum mehr, was ich hier spiele
7) Man sagt mir, ich soll endlich Ruhe geben
8) Meine Existenz als Musiker und Klaras Wünsche sind im Widerspruch
9) Theo kommt mit dem elektrischen Schraubenzieher, um etwas zu demontieren
10) Agnes beginnt zu kochen
11) Otto richtet sich ein Bad
12) Alle beanspruchen mein überfülltes Zimmer
13) Ich versuche, ein anderes Lied zu spielen, aber das macht keinen Unterschied
14) In meinem Zimmer ist kein intelligentes Leben mehr möglich
15) Jetzt streiten sich Uwe und Otto auch noch über den einzustellenden Fernsehkanal
16) Evas Staubsaugerschnur verfängt sich in den Kochtöpfen der laut protestierenden Agnes
17) Ich verlasse mein überfülltes Zuhause auf der Suche nach temporärem Frieden
18) Im Vorraum haben Unbekannte einen Laden eingerichtet und andere schlachten ein Schaf
19) Das Treppenhaus ist voller Menschen, die, manche schwer mit Taschen und Möbeln bepackt, auf den Stufen auf- und niedersteigen
20) Um aus dem Haus zu kommen, muss ich über die Stühle einer neu eingerichteten provisorischen Zahnarztpraxis klettern
21) In die Garage zum Auto traue ich mich nicht, sondern gehe lieber zu Fuß
22) Auf der Straße ist zugleich Stau, Flohmarkt und ein Radrennen
23) Mit Mühe dränge ich mich durch die Menge, die einem Boxkampf zuschaut
24) Selbst auf dem Waldweg kommt mir eine laute Schulklasse entgegen
25) Dies bewegt mich dazu, den Weg zu verlassen
26) Abseits des Steiges treffe ich endlich niemanden mehr
27) Ich stolpere über Wurzelwerk und zwänge mich durch Gestrüpp
28) Mein Vorwärtskommen ist jetzt sehr langsam
29) Beim Versuch, den Dornen auszuweichen, sehe ich den grauen Hund
30) Es besteht kein Zweifel, dass mir der Hund nachgeht
31) Ich versuche zu laufen, um den grauen Hund abzuhängen
32) Ich springe über Felsbrocken, haste über Grate, halte mich an Baumstämmen fest
33) Beinahe wäre ich in eine Schlucht gestürzt
34) Der graue Hund ist immer noch hinter mir her
35) Ich bekomme Seitenstechen und Atemnot, denn derartige Sportaktionen bin ich nicht gewohnt
36) Wenn ich stehen bleibe, höre ich das Hecheln des Hundes, der immer noch bei mir ist.
37) Ich stelle fest, dass ich keine Ahnung habe, wo ich bin
38) Ich habe mich verirrt
39) Jetzt folge ich dem grauen Hund
40) Zielstrebig geht er in eine bestimmte Richtung, als kenne er den Weg
41) Wenn ich an einigen Stellen nur ganz langsam voran komme, wartet er auf mich
42) Der Hund führt mich auf eine kleine Lichtung
43) Auf der Wiese ist eine Rakete aufgebaut
44) Ein Team von Wissenschaftlern begrüßt mich, als hätten sie mich erwartet
45) In wenigen Minuten wird die Rakete starten und ich soll der Testpilot sein
46) Ich muss nichts können oder wissen, sondern brauche bloß einzusteigen
47) Bevor die Luke geschlossen wird, winkt mir der graue Hund noch mit der Pfote zu
48) Die Feuersäule schleudert das Geschoss und mich in den Himmel
49) Meine Reise zum Mars dauert acht Monate
50) Hätte ich auch ein Klavier, so würde es bei Schwerelosigkeit doch nicht funktionieren
51) Der Reisealltag im Weltraum ist einsam und eintönig
52) An Bord ist ein Donald- Duck- Taschenbuch, das ich bereits Wort für Wort auswendig kann
53) Die Landung auf dem Mars geht vollautomatisch und reibungslos vor sich
54) Es gibt hier viele blinkende Lämpchen, aber keine Menschen
55) In der Basis auf dem Mars funktioniert alles einwandfrei und beinahe lautlos
56) Alle technischen Vorrichtungen sind einfach zu bedienen
57) Darüber hinaus sind alle Hebel und Knöpfe idiotensicher beschriftet und illustriert
58) Der Nahrungsautomat hat vier Knöpfe zur Auswahl
59) Egal, welchen man drückt, es kommt immer dasselbe, nämlich ein gelblich- weißer Brei von wenig überzeugender Konsistenz
60) Ich habe immer noch nicht herausgefunden, wonach er eigentlich schmeckt
61) Nach dem Essen kommen die Teller und der Löffel in den Automaten zurück
62) Der Schachcomputer ist so schlau, dass ich immer verliere, bis ich ihn mit einem schweren Vorschlaghammer umprogrammiere
63) Es gibt hier nur einen Raumanzug, der mir aber genau passt
64) Wenn er aufgeladen ist, kann ich damit bis zu drei Stunden auf dem Mars spazieren gehen
65) Allerdings ertönt schon nach zwei Stunden im Helm der Alarm, dass der Sauerstoffvorrat zur Neige geht
66) Die Botschaft wird unentwegt wiederholt und lässt sich nicht abstellen, was sehr lästig ist
57) Ich versuche daher, meine Marsspaziergänge auf zwei Stunden zu beschränken
68) Selbst mit dem schweren Raumanzug bin ich auf dem Mars federleicht
69) Diesmal kommt aber ein Sandsturm auf
70) Bald schon kann ich überhaupt nichts mehr sehen
71) Ich stemme mich gegen den Sturm, damit er mich nicht mit sich reißt
72) Hoffentlich ist mein Raumanzug schwer genug, um mich auf der Oberfläche zu halten
73) Schon verliere ich den Halt und werde hoch in die Luft geschleudert
74) Die warnende Stimme in meinem Helm wird vom Brausen des Sturms übertönt
75) Wenn ich versuche, meinen Schwung zu stoppen, fliege ich nur noch schneller dahin
76) Ich befinde mich jetzt in einer Umlaufbahn um den Mars
77) Mir bleiben nur noch zwanzig Minuten Sauerstoff
78) Ich werde hier sterben, den Mars umkreisend
79) Eine Sputnik von der Erde soll das Sonnensystem erkunden
80) Die Sputnik kommt immer näher
81) Bei ihrem Erkundungsflug knapp am Mars vorbei rammt mich die Sputnik mitten in den Bauch
82) Der Schlag raubt mir den Atem, aber mein Raumanzug hält stand
83) Unser Zusammenstoß hat meine Flugbahn und die der Sputnik wesentlich verändert
84) Milliarden von Dollars sind dadurch vermutlich in den Sand gesetzt
85) Gleich geht mein Sauerstoffvorrat zu Ende
86) Da kommt mir ein seltsames Raumschiff entgegen, das wie ein Ufo aussieht
87) Die Klappe öffnet sich und ein Außerirdischer kommt heraus
88) Nein, es ist der graue Hund, der einen Raumanzug trägt
89) Ich bin so erstaunt, dass ich das laute Pfeifen der Alarmsirene in meinem Helm kaum bemerke
90) Mit starken Pfoten packt mich der Hund
91) Ich verliere das Bewusstsein, weil ich keinen Sauerstoff mehr habe
92) Den ganzen Rückflug zur Erde über liege ich im Koma
93) Oder hat mich der graue Hund eingefroren?
94) Als ich erwache, befinde ich mich schon im Bergungsschiff der Nasa
95) Bevor ich nach Hause gehen darf, bringt man mich ins Kreiskrankenhaus der Hauptstadt
96) Mein Körper und meine Psyche werden dort genauestens untersucht
97) In der Quarantäne bin ich vom grauen Hund getrennt
98) Ich habe ihn nie mehr gesehen
99) Endlich werde ich aus der Quarantäne entlassen
100) Mit einem Taxi fahre ich nach Hause